Horst Huber: Wir erleben gerade eine spannende Zeit. Eine ganz neue Generation Marketer, Digital Natives, trifft auf Print. Aus „Print first“ wurde „Digital first“ – manche Unternehmen trieben es mit „Digital only“ gar auf die Spitze. Jetzt schwingt das Pendel aber schnell zurück. Das Erlebnis, das Print in eine Gesamtkommunikation eingebettet einnehmen kann, ist eben unschlagbar und für den Gesamterfolg jeder Marketingkampagne eine Bereicherung. Für viele junge Marktteilnehmer ist das ein Lernprozess, sie hatten bislang wenig mit Print zu tun. Wir lernen gerade, Print in einem kleineren Generationenkonflikt neu zu bewerten und anzuwenden.
Thorsten Hamann: Ich erlebe Ähnliches. Die Anzahl an ganz grundsätzlichen Gesprächen, die sich damit auseinandersetzen, wie Print überhaupt funktioniert, wie sich dieses eigentlich doch recht edle Medium in eine Kommunikationsstrategie einbinden lässt (auch mit Blick auf eine effiziente Produktion), steigt sowohl bei Bestandskunden als auch bei Interessenten. Aufgrund unserer Erfahrung sind wir uns der Fragen bewusst und kennen die richtigen Antworten.
Dynamic Publishing ist die Antwort auf die Frage, wie ich aus Produktinformationen
die Katalog- oder Prospekterstellung automatisiere. Werk II hat in diesem Bereich eine Vorreiter-Rolle eingenommen. Die Frage ist lange gelöst, es geht nun um mehr Individualität, aber auch Geschwindigkeit und Vielfalt. Das ist ein Vektor, der sich einfach weiter fortsetzt und an Relevanz gewinnt. Es gesellt sich eben die Frage dazu, wie Print in eine moderne Kommunikation eingebunden wird.
Horst Huber: Wobei wir in der Diskussion auch die Unterschiede zwischen B2B und B2C betrachten sollten. Im B2C steht der Katalog in vielen Bereichen (Distanzhandel,
Retail) überhaupt nicht zur Debatte. Die Print-Anstöße sind einfach zu relevant, auch für das Online-Geschäft [Anm. d. Red.: Die EHI-Studie „Marketingmonitor Handel 2021-2024" unterstreicht das]. Print erlebt ansonsten einen neuen Kontext. Wie du sagst, schneller, aber auch besser und eben günstiger sind wichtige Faktoren. Print als Medium steht nicht in Frage, sondern wie es ideal in den
digitalen Einsatz eingebunden werden kann.
Im B2B sind sogar nach wie vor ganze Vertriebskonzepte auf einen Hauptkatalog ausgerichtet.
Selbst interne Kommunikation findet darüber statt – als Recherche-Möglichkeit. Der haptische Katalog ist bei tausenden, häufig sehr technischen Produkten tatsächlich einfach schneller als eine moderne Website.
Durch die Einführung einer Print-Automatisierung verlieren Leute nicht ihre Arbeit, sondern fokussieren sich auf Content, der nicht automatisiert werden kann.
Horst Huber: Eben weil die Bedeutung von Change-Management so eminent ist, haben wir dem Thema einen eigenen Themen-Komplex auf dem priint:day gewidmet. Die enorme Geschwindigkeit, die Print entwickeln kann, erfordert verbesserte Daten sowie perfektionierte Ausleitungsmöglichkeiten in Sprachen und Varianten. Da geht es schnell um
eine klassische ROI-Betrachtung und -Argumentation.
Essenziell ist dabei: Durch die Einführung einer Print-Automatisierung verlieren Leute nicht ihre Arbeit, sondern fokussieren sich auf Content, der nicht automatisiert werden kann (z. B. redaktionelle Parts oder individuelle Hochglanz-Bereiche). Einerseits sind gute Daten Voraussetzung für das Dynamic Publishing, aber andererseits ermöglicht die Automatisierung
auch eine enorme Verbesserung der Daten, weil Ressourcen in die Kreation und Content-Erstellung verschoben werden können.
Thorsten Hamann: Der rote Faden in diesem Change ist der Faktor Mensch.
Das Dilemma zwischen „Ich verbringe so viel Zeit mit manueller Arbeit“ und „Ich
habe Angst, aufgrund von Technologie und Automatisierung die Kontrolle, vielleicht
sogar die Bedeutung zu verlieren“ ist groß. Dabei ist genau dieser Faktor essenziell für das Gelingen eines Automatisierungsprojekts: Wie nehme ich die Menschen mit und löse ihre Probleme?
Horst Huber: In solchen Diskussionen kommt auch unterschwellig zu Tage, dass dieser menschliche Aspekt nicht berücksichtigt oder als kritischer Faktor bewertet
wurde.
Thorsten Hamann: Bei Laudert spielt das deshalb eine große Rolle. Wir dürfen
da natürlich nicht den ersten Stein schmeißen, auch wir hatten früher eine sehr
technische Perspektive. Aber wir haben viel dazugelernt. Für uns ist das heute von
Anfang an Teil unserer Gespräche: Wie ist der Zusammenhang zwischen Prozess
und Mensch? Erst an zweiter Stelle steht die Identifikation möglicher IT-Systeme zur
Fehlerbehebung. Der Fokus liegt erstmal auf dem Schmerz der Menschen – und
daraus sinnvolle Lösungen abzuleiten. Die Technik können wir.
Auf lange Sicht werden die messbar höheren Response Rates sich durchsetzen
Thorsten Hamann: Da könnte ich jetzt mit Buzzwords um mich schmeißen: Recommendation
Engines, Print als Impulsmedium, Content, künstliche Intelligenz. Ansätze gibt es viele. Spannend finde ich eigentlich, dass mittlerweile die Technologie, etwa für hochindividualisierte 4-, 8-, 16-Seiter, da ist, und jeder findet es saugeil. In jedem Gespräch
wird das gespiegelt. Aber es fehlt der letzte Mut, es dann auch zu machen. Gerade im Programmatic Printing-Bereich – aber auf lange Sicht werden die messbar höheren
Response Rates sich durchsetzen.
Horst Huber: Absolut. Das vorhandene Potenzial erstmal ausschöpfen, das wird uns beschäftigen. Ich würde noch einen Fokus auf den Bereich Content legen wollen.
Auch hier tun sich die Unternehmen sehr schwer. Automatisierte Texterstellung etwa
ist heute schon in so vielseitiger Hinsicht möglich. In Zukunft werden wir Systeme
haben, denen sagst du nur noch „Produkt A, Zielgruppe feminin, 41 bis 69, Textlänge
400 Zeichen“. Ich bin überzeugt, dass es in Zukunft diese intelligenten Text-Services
gibt, die das dann bewerkstelligen.
Thorsten Hamann: Dasselbe gilt ja auch für Bilder. Mit der richtigen Technologie
können zum Beispiel Outfits komplett virtuell kreiert und generiert werden, per Recommendation oder als kreativer Prozess. In diesem Bereich ist Laudert übrigens auch
in der Forschung aktiv. Wären Fashion-Hersteller in der Lage, virtuelle Schnittmuster
zu liefern, wäre eine Content-Erstellung an einem virtuellen Model theoretisch möglich.
Horst Huber: Da sind viele Themen, die Neuerungen mit sich bringen. Ich bin sehr gespannt, welche Fortschritte uns da ins Haus stehen.